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PDF barrierefrei erstellen

Inhaltsverzeichnis

Das Wichtigste in Kürze

  • Barrierefreie PDF sind für alle Nutzenden, unabhängig von deren Fähigkeiten, zugänglich.
  • Barrierefreie PDF sind wichtig, weil Sie die Inklusion fördern und vom Gesetzgeber vorgeschrieben sind.
  • Barrierefreie PDF werden durch korrekte Syntax, Semantik und gezielten Einsatz von Artefakten erstellt.
  • Barrierefreie PDF folgen in erster Linie den Standards und Vorgaben PDF/UA, EN 301549 und WCAG.
  • Für die Barrierefreiheitsprüfung einer PDF stehen zahlreiche, oft kostenlose Tools zur Verfügung.

Digitale Barrierefreiheit sollte selbstverständlich sein. Spätestens Ende Juni 2025 wird sie sogar Pflicht. In der Schnittstelle zwischen digital und analog lässt sich die PDF einordnen. Damit auch PDF barrierefrei sind, muss einiges beachtet werden. Nicht alles davon ist neu für Dich, wenn du schon mit der WCAG 2.2 oder der BITV 2.0 zu tun hattest. Aber die Tools und Einschränkungen unterscheiden sich – leider. Wie und was genau anders ist, erfährst Du jetzt.

Warum sind barrierefreie PDF wichtig?

Die PDF (ausgeschrieben Portable Document Format) wurde mit dem Ziel eines elektronischen und unveränderlichen Dokuments entwickelt. Du ahnst vielleicht, dass das keine guten Voraussetzungen für die Barrierefreiheit sind. Daher mein erster Hinweis:

Überlege Dir für jede PDF, ob Du diese auch wirklich benötigst.

PDF sind in jedem Fall sehr weit verbreitet, gerade auch im elektronischen Geschäftsverkehr. Daher ist das Thema, wie eine PDF barrierefrei zu gestalten ist, so wichtig. Für eine inklusive Gesellschaft sind barrierefreie PDF also schon einmal sehr wichtig.

EN 301 549 Abschnitt 10

Aber auch der Gesetzgeber fordert mit dem Inkrafttreten des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes (BFSG) am 28. Juni 2025 barrierefreie PDF. Die EN 301549 ist die europäische Norm für die Barrierefreiheit von Informations- und Kommunikationstechnologien.

Diese Norm kennst Du vielleicht schon aus anderen Bereichen der digitalen Barrierefreiheit. Auch wir sprechen häufig über den „Web“ genannten neunten Abschnitt dieser EU-Norm. Der zehnte Abschnitt kümmert sich um Nicht-Web-Dokumente wie PDF.

Deine PDF barrierefrei anzubieten, wird ab Juni 2025 für die meisten Privatunternehmen gesetzlich Pflicht.

Was ist ein barrierefreies PDF?

Ein barrierefreies PDF kann also auch als „tagged PDF“ bezeichnet werden. Das ist eine PDF, die Inhalte so markiert (tagged), dass diese von Maschinen interpretiert werden können. Deine PDF sind also erst dann barrierefrei, wenn sie von allen Nutzenden konsumiert werden können. Dafür muss richtig um- und eingesetzt sein:

  • Semantik: Verwendung von Tags zur Strukturierung von Inhalten wie Überschrift und Absatz, damit Screenreader und Nutzende diese verstehen.
  • Attribute: Erstellung alternativer Textbeschreibungen für Bilder, damit blinde und sehbehinderte Nutzende die Bildinformationen verarbeiten können.
  • Reihenfolge: Einhaltung einer logischen Lesereihenfolge, damit die frustfreie und zielsichere Navigation im PDF barrierefrei gewährleistet werden kann.
  • Wiederverwendbarkeit: Barrierefreie PDF sollen keine Daten-Sackgassen mehr sein. Viel mehr sollen Informationen maschinell aus PDF extrahiert und weiterverarbeitet werden können.

Darum ist ein PDF nicht barrierefrei

Häufige Fehler sind in der Semantik zu finden, ähnlich der HTML-Semantik für barrierefreie Web-Dokumente. So sind Überschriften fälschlicherweise als Absatz (<p></p>) statt als Heading (<h2></h2>) markiert.

Zu den häufigen semantischen Fehlern gehören erfahrungsgemäß auch Inhalte, die durch einen falschen Einsatz der Enter-Taste in zwei Block-Level-Elemente aufgeteilt werden.

Oder auch Fehler in Aufzählungen sind häufiger ein Fehler. Wenn Du allein bei diesen Punkten genau arbeitest, bist Du auf einem guten Weg, Deine PDF barrierefrei zu bekommen.

Barrierefreie PDF mit Word oder InDesign?

Perfekt mit Blick auf die Barrierefreiheit ist aktuell noch keines der üblichen PDF-Tools. Aber es gab in den letzten Jahren zahlreiche Fortschritte. Sprechen möchte ich über die verbreitetsten Tools, Microsoft Word und Adobe InDesign.

Microsoft Word bereitet Probleme bei Listen-Elementen. Ein Eintrag wird zwar korrekt als Listen-Tag definiert. Aber das Listen-Icon selbst wird auch in den Listeneintrag kopiert und damit von Screenreadern vorgelesen. Die TU Dresden hat einen Hilfebereich speziell für die barrierefreie PDF-Erstellung mittels Microsoft Word. Du findest ihn über diesen Link.

Das Adobe-Produkt InDesign hingegen hat ein Problem mit Tabellen. Vor allem kann das Scope-Attribut nicht gesetzt werden. Das wäre aber wichtig um klar zu definieren, für was das Scope-Attribut gilt, Zeile oder Spalte.

In der nachfolgenden Grafik einmal für Dich verständlich erklärt: Ein Scope-Attribut definiert jeweils die Spalten Monat und Ersparnis. Damit ist auch für Screenreader ein Zusammenhang der einzelnen Tabellenzellen klarer und die Tabelle damit auch für Menschen mit Sehbehinderung zugänglich.

Eine Tabelle mit zwei Spalten und drei Zeilen auf der einen Seite und der HTML-Code auf der anderen Seite zeigen den Einsatz des Scope-Attributs

Adobe bietet auf dieser Hilfeseite übrigens eine Anleitung an, wie Du mit Hilfe von InDesign und Adobe Acrobat Pro deine PDF barrierefrei erstellen kannst.

Unterschied zwischen PDF/UA-Konformität und tatsächlicher Barrierefreiheit

Ein PDF-Dokument kann den PDF/UA-Standard erfüllen und dennoch in der Praxis unzugänglich sein. Die Einhaltung technischer Standards ist wichtig, garantiert jedoch nicht automatisch, dass Dein PDF barrierefrei ist. Denn PDF/UA-Konformität bedeutet zwar, dass alle technischen Anforderungen an eine barrierefreie PDF erfüllt sind. Praktische Barrierefreiheit setzt jedoch zusätzlich voraus, dass die Inhalte verständlich und intuitiv nutzbar sind.

Oft ist es wohl auch so, dass PDF barrierefrei sind in der Prüfung, es tatsächlich aber ein ermogeltes Ergebnis ist. Denn um die Konformität zu erhalten, wurden kritische und fehlerhafte Merkmale und Inhalte zu einem Artefakt umfunktioniert. Im Ergebnis gibt es also einen grünen Haken, die PDF ist damit aber noch lange wirklich für alle Menschen gleichermaßen zugänglich.

Barrierefreie PDF in 3 Schritten

Vorbereitung

  1. Semantik: Verwendung von Tags zur Strukturierung von Inhalten wie Überschrift und Absatz, damit Screenreader und Nutzende diese verstehen.
  2. Attribute: Erstellung alternativer Textbeschreibungen für Bilder, damit blinde und sehbehinderte Nutzende die Bildinformationen verarbeiten können.
  3. Reihenfolge: Einhaltung einer logischen Lesereihenfolge, damit die frustfreie und zielsichere Navigation im PDF barrierefrei gewährleistet werden kann.
  4. Vermeiden zu viele Formatierungen: Halte das Dokument so einfach wie möglich. Übermäßige Formatierungen und komplizierte Layouts können die Barrierefreiheit beeinträchtigen.
  5. Verwende klare und beschreibende Hyperlinks: Anstatt „Hier klicken“, verwenden Sie aussagekräftige Beschreibungen wie „Laden Sie den Bericht 2022 herunter“.
  6. Vorher wissen was wichtig ist: Bevor Du mit den Arbeiten beginnst, nutze eine Checkliste wie das Matterhorn-Protokoll (PDF-Link) mit den wichtigsten Prüfkriterien für barrierefreie PDF.

Erstellung (Microsoft Word)

  • Nutze die integrierten Formatvorlagen: Verwenden Sie die Überschriften-, Listen- und Formatvorlagen von Word anstelle von manuellen Formatierungen. Dadurch wird das Dokument strukturierter und leichter navigierbar für Screenreader.
  • Füge Alternativtexte hinzu: Stelle sicher, dass alle Bilder, Diagramme und anderen visuellen Elemente mit Alternativtexten versehen sind. Klicke mit der rechten Maustaste auf das Bild, wähle „Bild formatieren“, dann „Größe und Eigenschaften“ und füge unter „Alternative Text“ die Beschreibung hinzu.
  • Tabellen richtig formatieren: Verwende möglichst einfache Tabellenlayouts und füge Tabellenüberschriften hinzu. Vermeide verschachtelte Tabellen. Je einfacher die Tabellen aufgebaut sind, desto besser.
  • Barrierefreiheitsprüfer nutzen: Word hat ein integriertes Werkzeug zur Überprüfung der Barrierefreiheit. Klicke in der Menüleiste auf „Überprüfen“ und anschließend auf „Barrierefreiheit überprüfen“.
  • Speichern als PDF: Gehen zu „Datei“ > „Speichern unter“. Wähle den Speicherort aus und geben Sie einen Dateinamen ein. Wählen Sie dann „PDF“ aus der Dropdown-Liste „Dateityp“.
  • Einstellungen überprüfen: Klicke auf „Optionen“ und stelle sicher, dass „Dokumentstruktur-Tags für Barrierefreiheit“ aktiviert ist. Diese Option stellt sicher, dass Word die Strukturinformationen in das PDF integriert.
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Prüfung

Nachdem Du das Word Dokument als PDF exportiert hast, erfolgt im dritten und vermutlich schwierigsten Schritt die Prüfung mittels etablierter Testtools. Nutze sowohl klassische Prüftools wie PAC 2021 oder PDF/UA-Checker als auch Screenreader. Es lohnt sich, wenn der Einstieg vor allem in die Screenreader einmal geschafft ist.

Online-Tools und Software

  • PDF/UA-Checker: Ein spezielles Tool zur Überprüfung der PDF/UA-Konformität. Es scannt das Dokument und zeigt an, ob alle technischen Anforderungen erfüllt sind.
  • PAC 2021 (PDF Accessibility Checker): Ein kostenloses Tool, das die Barrierefreiheit von PDFs überprüft. Es liefert detaillierte Berichte und Empfehlungen zur Verbesserung.
  • PAVE (PDF Accessibility Validadion Engine): PAVE wurde vom ICT-Accessibility Lab der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) in Zusammenarbeit mit dem Schweizerischen Blinden- und Sehbehindertenverband entwickelt (https://pave-pdf.org/index.html).
  • axes4: Ein weiteres spezialisiertes Tool zur Prüfung und Korrektur der Barrierefreiheit von PDFs. Es bietet eine detaillierte Analyse und konkrete Handlungsempfehlungen, um die Barrierefreiheit zu verbessern.
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Tests mit Screenreadern

Neben den genannten Tools ist es wichtig, PDF-Dokumente auch mit unterschiedlichen Screenreadern zu testen. Screenreader ermöglichen es Menschen mit Sehbehinderung, digitale Inhalte über Sprache oder Braille-Ausgaben zugänglich zu machen. Hier sind einige empfehlenswerte Screenreader-Optionen, die unter verschiedenen Betriebssystemen genutzt werden können:

  • JAWS (Job Access With Speech): Ein weitverbreiteter Screenreader für Windows. JAWS bietet umfangreiche Funktionen zur Navigation und Interaktion mit PDF-Dokumenten.
  • NVDA (NonVisual Desktop Access): Ein kostenloser und Open-Source-Screenreader für Windows. NVDA unterstützt die Prüfung von PDFs auf Barrierefreiheit und ist eine kostengünstige Alternative zu kommerziellen Produkten.
  • VoiceOver: Der integrierte Screenreader von Apple für macOS und iOS. VoiceOver ermöglicht die barrierefreie Prüfung von PDFs auf Apple-Geräten und sorgt für eine nahtlose Integration ins Betriebssystem.
  • Narrator: Der in Windows integrierte Screenreader. Narrator bietet grundlegende Funktionen zur Überprüfung der Barrierefreiheit von PDF-Dokumenten und ist für schnelle Tests geeignet.

Allgemeine Tipps für barrierefreie PDF

  1. Checkliste nutzen: Bevor Du mit der Prüfung beginnst, erstelle und nutze eine Checkliste mit den wichtigsten Prüfkriterien. Oder nutze das Matterhorn-Protokoll (PDF-Link).
  2. Verwende mehrere Tools: Ob eine PDF barrierefrei ist, testest Du am besten immer mit verschiedenen Tools.
  3. Überprüfung durch Nutzer: Lasse das Dokument auch von echten Nutzern, die auf Barrierefreiheit angewiesen sind, testen. Diese Tests geben wertvolles Feedback und können unentdeckte Probleme aufzeigen.
  4. Umschauen und lernen: Es gibt barrierefreie PDF wie den Teilhabebericht der Bundesregierung über die Lebenslagen von Menschen mit Beeinträchtigungen oder der Nachhaltigkeitsbericht 2022 der Deutschen Telekom. Mir helfen solche Vorlagen immer beim Verständnis, was wie möglicherweise übernommen werden kann. Am besten analysierst Du diese PDF mit den oben erwähnten Tools.

Konformität und Siegel für barrierefreie PDF

Wie gesagt gibt es zwei Generationen und Standards, nach denen PDF barrierefrei sein können. Konkret heißen die beiden Generationen „PDF-Standard 1.7“ und „PDF-Standard 2.0“.

Dein PDF kann nicht gleichzeitig konform sein nach PDF/UA-1 und PDF/UA-2.

Gleich ist beiden ISO-Standards, dass sie mit einem Identifier als konform „beglaubigt“ werden können. Dies geschieht über die Exportfunktion bei der PDF-Erstellung oder durch eine nachträgliche, erfolgreiche Prüfung bestehender PDF-Dokumente mittels professionellen PDF-Test-Tools.

Neben den beiden ISO-Standards gibt es auch noch ein drittes Anspruchslevel, um PDF barrierefrei zu testen. Die Anforderungen anhand des „Well-Tagged PDF (WTPDF)“ (PDF-Link)-Dokuments. Dieses Dokument prüft auf zwei Konformitätsstufen, auf „Stufe 1: Wiederverwendbarkeit“ und auf „Stufe 2: Barrierefreiheit“. Wenn Du die zweite Konformitätsstufe erreichst, ist Dein PDF barrierefrei nach PDF/UA-2.

Verweise und weiterführende Links

Experten

Wenn Du Dich wirklich tief in die Thematik rund um barrierefreie PDF eintauchen möchtest, lass mich Dir einen echten Experten nahelegen: Klaas Posselt. Er ist Co-Autor (neben Dirk Fröhlich) eines Standardwerks der PDF-Barrierefreiheit. Das Buch heißt „Barrierefreie PDF-Dokumente erstellen“ und für Dich habe ich hier eine Leseprobe der Einleitung als PDF. Es handelt sich um unbezahlte Werbung, es gibt also keinen Interessenkonflikt.

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