Barrierefreie Webseiten werden mit dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) ab Juni 2025 zur Pflicht. Die Grundlage für digitale Barrierefreiheit sind die Web Content Accessibility Guidelines (WCAG). Diese Richtlinien definieren sowohl einzelne Kriterien als auch deren Relevanz beziehungsweise Anforderungslevel. Über diese sogenannten WCAG-Konformitätsstufen wollen wir nun sprechen.
Was sind die WCAG?
Die WCAG-Richtlinien wurden vom W3C (World Wide Web Consortium) entwickelt. Das ist ein Konsortium, das sich um die Weiterentwicklung des Internets bemüht.
Die WCAG-Kriterien sind besonders für Menschen mit Behinderungen, Website-Verantwortliche, Webdesigner und Webentwickler. wichtig. Der Kriterienkatalog soll sicherstellen, dass Webseiten für alle zugänglich und nutzbar sind.
Die WCAG sind im Jahr 2025 noch in zwei Versionen relevant, die WCAG 2.1 und WCAG 2.2. Jede Version baut auf der vorherigen auf und führt zusätzliche Anforderungen und empfohlene Vorgehensweisen ein.
Warum sind die WCAG so wichtig?
Kur gesagt, weil die WCAG-Konformitätsstufe AA zu einem in Deutschland verpflichtenden Standard wurden:
- für öffentliche Behörden seit 2020
- für die Privatwirtschaft ab Juni 2025.
Die WCAG sind die Grundlage für zahlreiche Barrierefreiheit-Gesetze, auch für das ab Juni 2025 geltende BFSG.
Von der gesetzlichen Pflicht einmal abgesehen, vergrößern Website-Betreibende durch die Berücksichtigung der WCAG auch die eigene Zielgruppe, da mehr Menschen die Website bedienen und Produkte und Dienstleistungen nachfragen können. Es gibt also auch ein wirtschaftliches Argument für die Auseinandersetzung mit den WCAG-Konformitätsstufen.
Die WCAG-Konformitätsstufen
Die WCAG sind in drei Konformitätsstufen unterteilt: A, AA und AAA. Jede Stufe legt einen unterschiedlichen Anspruch an die digitale Barrierefreiheit fest. Jede Konformitätsstufe baut auf der vorherigen auf und macht die Webseite zugänglicher.
Die WCAG-Konformitätsstufe A beseitigt also die grundlegenden Barrieren. Die Stufe AA gewährleistet eine erweiterte Zugänglichkeit, die in vielen Gesetzgebungen wie dem BFSG vorgeschrieben ist. Stufe AAA strebt eine stark erweiterte Zugänglichkeit an, bringt aber auch erheblich mehr Aufwand mit sich.
Du solltest aber wissen, dass selbst die höchste WCAG-Konformitätsstufe keine vollständige digitale Barrierefreiheit gewährleistet. Es bleibt ein hervorragender Standard, aber nicht für jeden Menschen in jeder Situation. Besser wäre daher zu sagen, die WCAG-Konformitätsstufe AAA macht Deine Website sehr barrierearm.
Konformitätsstufe A (Grundlegende Zugänglichkeit)
Die Konformitätsstufe A stellt die Grundanforderungen dar, um Webseiten zugänglich zu machen. Diese Stufe beseitigt die schwersten Barrieren, um Grundfunktionalitäten sicherzustellen.
- Alternativtexte für Bilder (Alt-Attribute): Jede visuelle Information, wie Bilder und Grafiken, muss einen beschreibenden Alternativtext haben, der von Screenreadern vorgelesen werden kann.
- Navigierbarkeit: Webseiten müssen so gestaltet sein, dass eine einfache Navigation via Tastatur gewährleistet ist.
Konformitätsstufe AA (Erweiterte Zugänglichkeit)
Die Konformitätsstufe AA erweitert die Anforderungen und macht die Webseite für eine größere Gruppe von Nutzenden zugänglich. Diese Stufe enthält zusätzliche Richtlinien und gilt allgemein als Standardziel für die meisten Webseiten.
- Kontrastverhältnisse: Text und Bilder müssen ausreichende Kontraste aufweisen, damit sie lesbar sind. Dies gewährleistet, dass auch Menschen mit Sehschwächen oder Farbblindheit die Inhalte gut erkennen können.
- Responsive Design: Webseiten sollen so gestaltet sein, dass ihre Inhalte auch auf mobilen Endgeräten und in verschiedenen Bildschirmgrößen gut zugänglich sind.
Konformitätsstufe AAA (Maximale Zugänglichkeit)
Die Konformitätsstufe AAA stellt die höchsten Anforderungen und setzt Maßnahmen um, die eine maximale Zugänglichkeit der Webseite für alle Nutzungsgruppen sicherstellen. Diese Stufe wird selten vollständig angestrebt, da einige Anforderungen sehr spezifisch sind.
- Gebärdensprache: Für alle Audioinhalte sollte eine Übersetzung in Gebärdensprache bereitgestellt werden.
- Textbeschreibung für Video-Inhalte: Jede visuelle Sequenz eines Videos sollte durch eine ausführliche Textbeschreibung begleitet werden, um sicherzustellen, dass auch die kleinsten visuellen Details verständlich sind.
Die vier Hauptprinzipien für barrierefreies Webdesign
Um die WCAG-Begriffe nicht durcheinander zu bringen, wollen wir es zumindest kurz erwähnen: Die WCAG kennen drei Konformitätsstufen A, AA und AAA und vier Hauptprinzipien (wahrnehmbar, bedienbar, verständlich, robust). Diese WCAG-Prinzipien beschreiben die grundlegenden Anforderungen an barrierefreie Webinhalte. Die WCAG-Konformitätsstufen legen hingegen fest, wie umfassend diese Anforderungen erfüllt werden müssen.
Vergleich der BITV und WCAG-Konformitätsstufen
Die Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV) und die WCAG legen beide Standards für die Barrierefreiheit von Webseiten fest. Während die WCAG international angewendet werden, sind die BITV-Richtlinien speziell für Deutschland relevant. Die BITV-Konformitätsstufen leiten sich aber aus denen der WCAG ab. Orientiere Dich einfach immer an den WCAG in der aktuellsten Fassung und Du verfügst über die aktuellsten Konformitätsstufen.
Fazit und eine Bitte
Nun haben wir die drei WCAG-Konformitätsstufen (A, AA und AAA) so ausführlich wie nötig erläutert. Nun bist Du an der Reihe. Setze dieses Wissen ein, um Deine Website zugänglicher und damit auch erfolgreicher zu machen!
Ein Tipp aus der Praxis: Priorisiere die Aufgaben, die sich aus Deiner Prüfung ergeben. Ansonsten kann es schnell überwältigend werden. Beginne damit, alle Probleme mit der WCAG-Konformitätsstufe A zu beheben. Kümmere Dich erst im Anschluss um die AA-Anforderungen und gerne auch um die Erfüllung der Konformitätsstufe AAA.
Hilfe und Selbsthilfe
Es gibt viele Ressourcen und Tools, die Dir bei der Umsetzung der WCAG-Richtlinien helfen können. Im offiziellen W3C-Dokument zur aktuellen WCAG (siehe nachfolgender Screenshot) stehen bei den jeweiligen Kriterien innerhalb der Prinzipien auch immer die Konformitätsstufen dabei.
Am einfachsten ist unserer Meinung nach der Ansatz, dass Du Dir die offiziellen WCAG 2.2 anschaust und diese durcharbeitest. Solltest Du eine deutsche Sprachversion bevorzugen, gibt es diese nur in der Version 2.1. Dazu kannst Du ergänzend auch die Prüfkriterien des BIK danebenlegen. Dort werden zwar die Konformitätsstufen nicht separat aufgelistet, die Kriterien und Prüfung selbst aber noch erläutert.
Eine unserer Meinung nach sehr gute Alternative dazu ist unsere eigens erstellte Barrierefreiheit-Checkliste in Google Sheets. Dort ist beides kombiniert, inklusive Links zu den Primärquellen. Wenn Du Dich dafür interessierst oder eine individuelle Unterstützung wünscht, kannst Du gerne mit uns Kontakt aufnehmen.
In jedem Fall wünschen wir Dir viel Erfolg bei der Umsetzung Deines Barrierefreiheit-Projekts!