Digitale Barrierefreiheit bedeutet, dass Websites und Apps für alle Menschen zugänglich sind, unabhängig von ihren Fähigkeiten. In diesem Artikel erläutern wir die vier grundlegenden Prinzipien der Web Content Accessibility Guidelines (WCAG): Wahrnehmbarkeit, Bedienbarkeit, Verständlichkeit und Robustheit. Wir zeigen Dir die Details zu diesen Prinzipien und erklären auch die Unterschiede zu den WCAG-Konformitätsstufen und Kriterien der WCAG. Los geht’s!
Grundlagen der WCAG und BITV
Beginnen wir kurz mit den wichtigsten Grundlagen und klären häufige Fragen rund um WCAG und BITV.
Die WCAG (Web Content Accessibility Guidelines) wurden entwickelt, um weltweite Standards für digitale Barrierefreiheit zu schaffen. Sie bieten detaillierte Richtlinien, wie Websites und digitale Inhalte gestaltet sein sollten, um für alle Menschen zugänglich zu sein. Die WCAG wurden erstmals 1999 veröffentlicht und wurden seitdem regelmäßig aktualisiert, um mit den technologischen Fortschritten und den sich ändernden Bedürfnissen der Nutzenden Schritt zu halten.
Die BITV (Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung) ist die deutsche Umsetzung der EU-Richtlinie zur digitalen Barrierefreiheit. Sie stellt sicher, dass öffentliche Stellen (Behörden) und Wirtschaftsakteure (Unternehmen) ihre digitalen Angebote barrierefrei gestalten. Die BITV basiert auf den WCAG und übernimmt deren Prinzipien und Kriterien, angepasst an nationale Anforderungen.
Die WCAG sind also globale Richtlinien, die BITV ist spezifisch für Deutschland und richtet sich nach den gesetzlichen Vorgaben und Anforderungen des Landes und der Europäischen Union.
Die vier Prinzipien der WCAG und BITV im Überblick
Wie viele WCAG-Prinzipien gibt es?
Die WCAG basieren auf vier zentralen Prinzipien, die im Original in englischer Sprache erstellt und anschließend ins Deutsche übersetzt wurden. Die vier Prinzipien der digitalen Barrierefreiheit lauten:
- Wahrnehmbarkeit (Perceivable): Inhalte müssen so gestaltet sein, dass sie von allen Nutzenden wahrgenommen werden können, unabhängig von sensorischen Einschränkungen. Dies schließt visuelle, auditive und kognitive Aspekte mit ein.
- Bedienbarkeit (Operable): Alle Funktionen einer Website müssen bedienbar sein, auch ohne den Einsatz der Maus. Dies bedeutet, dass die Navigation und Interaktion auch mittels Tastatur oder alternativen Eingabemethoden möglich sein muss.
- Verständlichkeit (Understandable): Informationen und die Bedienung einer Website müssen verständlich und vorhersehbar sein. Dies beinhaltet konsistente Navigationsmuster und eine klare, verständliche Sprache.
- Robustheit (Robust): Inhalte sollten so gestaltet sein, dass sie mit unterschiedlichen Technologien kompatibel sind. Dies stellt sicher, dass sie sowohl mit alten als auch mit neuen Technologien angezeigt und genutzt werden können.
Die vier Prinzipien der WCAG und BITV bilden also das Fundament für die Gestaltung barrierefreier Websites und digitaler Inhalte. Jedes Prinzip zielt darauf ab, verschiedene Aspekte der Zugänglichkeit abzudecken und sicherzustellen, dass alle Nutzenden, unabhängig von ihren Fähigkeiten, eine positive User-Erfahrung haben.
Wahrnehmbarkeit (Perceivable)
Wahrnehmbarkeit bedeutet, dass alle Informationen und Komponenten einer Benutzeroberfläche in einer Weise präsentiert werden, die für alle Nutzenden, unabhängig von ihren Fähigkeiten, zugänglich und verständlich ist. Dies schließt visuelle, auditive und auch textuelle Inhalte mit ein.
Beispielhafte, wichtige Kriterien zur Wahrnehmbarkeit
- Textalternativen für Nicht-Text-Inhalte: Biete Textalternativen (zum Beispiel Alt-Attribute für Bilder) an, damit grafische Inhalte für assistive Technologien zugänglich sind.
- Multimedia-Inhalte: Verwende Untertitel für Videos und Audiobeschreibungen für relevante visuelle Informationen. Dadurch können auch Nutzende mit Hör- und Sehbehinderungen die Inhalte vollständig erfassen.
- Anpassbarer Inhalt: Sorge dafür, dass Texte vergrößert und die Kontrasteinstellungen angepasst werden können, ohne dass Informationen oder Funktionen verloren gehen.
Bedienbarkeit (Operable)
Bedienbarkeit bedeutet, dass alle Funktionen einer Website für alle Nutzenden zugänglich sind, unabhängig davon, welche Eingabegeräte sie verwenden. Dies schließt ein, dass die Website ohne Maus und nur mit der Tastatur oder anderen alternativen Eingabemethoden vollständig bedienbar ist. Bedienbarkeit schließt auch ein, dass alle interaktiven Elemente einfach und intuitiv genutzt werden können.
Wichtige Kriterien zur Bedienbarkeit
- Tastaturzugänglichkeit: Alle Funktionen und Inhalte müssen per Tastatur erreichbar sein. Dies ist besonders wichtig für Menschen, die keine Maus benutzen können.
- Nutzerfreundliche Navigation: Websites sollten klare, intuitive Navigationsstrukturen haben. Klare Menüpunkte, Brotkrumen-Navigation und eine sinnvolle Struktur helfen Nutzenden, sich einfach zurechtzufinden.
- Anpassbarer Eingabemodus: Vermeide es, nur auf bestimmte Interaktionen wie Mouseover-Effekte zu setzen, da diese für viele Nutzende nicht zugänglich sind.
Verständlichkeit (Understandable)
Verständlichkeit bedeutet, dass Inhalte und Funktionen so gestaltet sind, dass sie leicht verständlich und vorhersehbar sind. Dies hilft Nutzenden, sich auf einer Website zurechtzufinden und deren Inhalte intuitiv zu verstehen und zu verwenden.
Wichtige Kriterien zur Verständlichkeit
- Lesbare und verständliche Texte: Verwende einfache und klare Sprache, kurze Sätze und Absätze. Vermeide Fachjargon oder erkläre ihn, falls er notwendig ist.
- Vorhersehbares Verhalten der Website: Halte die Navigation und das Verhalten der Website konsistent, sodass Nutzende intuitiv wissen, was als nächstes passieren wird.
- Hilfe und Anleitung: Biete klare und leicht zugängliche Anleitungen und Hilfen an, z.B. durch Tooltips, erläuternde Texte oder verständliche Fehlermeldungen.
Robustheit (Robust)
Robustheit bedeutet, dass Inhalte und Funktionen einer Website mit einer Vielzahl von Browsern, Geräten und assistiven Technologien kompatibel sind. Dies stellt sicher, dass die Website auch in Zukunft, mit der Weiterentwicklung von Technologien, zugänglich bleibt.
Wichtige Kriterien zur Robustheit
- Kompatibilität mit alten und neuen Technologien: Verwende aktuelle Webstandards wie HTML5 und ARIA (Accessible Rich Internet Applications), um sicherzustellen, dass die Inhalte sowohl mit alten als auch neuen Technologien zugänglich sind.
- Verwendung von validem und semantisch korrektem Code: Achte darauf, dass der HTML-Code valide und semantisch korrekt ist, um sicherzustellen, dass Inhalte von allen Browsern und Geräten korrekt interpretiert werden.
Unterschied zwischen WCAG-Prinzipien und WCAG-Kriterien
Die Prinzipien der WCAG und der BITV sind übergeordnete Ziele, die zur Sicherstellung der Barrierefreiheit definiert wurden. Die Kriterien hingegen, sind die konkreten Anforderungen, die zur Erreichung dieser Ziele notwendig sind.
Die Kriterien der WCAG und BITV sind detailspezifische Anforderungen, die die Prinzipien praktisch umsetzen. Diese umfassen beispielsweise technische Spezifikationen, die direkt angewendet werden müssen, um die übergeordneten Prinzipien zu erfüllen.
Unterschied zwischen WCAG-Prinzipien und WCAG-Konformitätsstufen
Die WCAG definiert drei Konformitätsstufen, die den Grad der Erfüllung der Barrierefreiheitskriterien beschreiben:
- Stufe A: Grundlegende Barrierefreiheit, die für einige Nutzergruppen notwendig ist.
- Stufe AA: Ein mittlerer Level der Barrierefreiheit, der ein breiteres Spektrum an Anforderungen abdeckt und für die meisten Nutzenden zugänglich ist.
- Stufe AAA: Der höchste Level der Barrierefreiheit, der alle Nutzergruppen berücksichtigt. Diese Stufe ist jedoch oft schwer vollständig zu erreichen und zu halten
Die WCAG-Konformitätsstufen beschreiben also den Grad, in dem die Kriterien und Richtlinien erfüllt sind, und geben an, wie barrierefrei eine Website oder ein digitaler Inhalt ist.
Abschlussbemerkung
Die vier Prinzipien der Barrierefreiheit — Wahrnehmbarkeit, Bedienbarkeit, Verständlichkeit und Robustheit — bilden die Grundlage für die Gestaltung barrierefreier digitaler Inhalte. Sie stellen sicher, dass alle Nutzenden, unabhängig von ihren Fähigkeiten, auf die Inhalte zugreifen und sie nutzen können.
Wir hoffen, Du verstehst das Thema und die Terminologie der digitalen Barrierefreiheit nun wieder ein Stück besser. Solltest Du Fragen haben oder Hilfe brauchen, freuen wir uns von Dir zu hören.
Ansonsten bleibt mir jetzt nur noch der Appell, Dich diesem wichtigen Thema anzunehmen. Beginne mit kleinen Schritten und setze kontinuierlich Verbesserungen um. Nutze verfügbare Ressourcen und Tools, um die Barrierefreiheit Deiner digitalen Inhalte zu überprüfen und zu verbessern.